Fast zwei Monate sind wir nun schon in Indien und mehr als ein Einhalb in unserem Projekt hier im Süden. Ich kann mit ziemlich großer Sicherheit sagen, dass wir uns schon längst eingelebt haben. Die Tage haben eine gewisse, schöne Routine bekommen und mittlerweile kennen wir alle Mitarbeiter von PDS so gut, dass es nur noch alle paar Tage passiert, dass man ein neues Gesicht in unserem Wohnort sieht . Am Anfang war es täglich so.
Noch dazu scheinen wir bestimmte Leute zum Grüßen erzogen zu haben. Am Anfang haben wir einfach jeden gegrüßt der uns über den Weg gelaufen ist, sobald er uns auch nur ins Gesicht geguckt hat. Ich habe keine Ahnung ob wir das einfach nur aus reiner Höflichkeit oder aus Vorsicht getan haben, da wir ja nicht wissen konnten mit wem wir mal mehr zu tun haben werden und mit wem weniger.
Noch dazu macht Grüßen hier einfach extrem Spaß. Die meisten Menschen laufen, wie so ziemlich jeder Andere eigentlich, mit einer relativen neutralen oder sogar ernsten Miene hier herum. Aber sobald man sie grüßt, ah da hellt sich alles auf. Egal ob man sie zum ersten mal sieht oder täglich mit ihnen zu tun hat.
Wie sich herausstellt ist das eine ziemlich gute Taktik, denn mittlerweile gibt es Leute hier, die wir so ziemlich jeden Tag treffen, die von alleine die Hand heben, immer wenn wir sie sehen. Wie zum Beispiel der Nachtwächter. Ich weiß mittlerweile schon zu 100 prozentiger Sicherheit, dass uns nach dem Abendessen ein lautes “Good Evening!” aus dem kleinem Häuschen entgegen kommt, wenn wir die 200 Meter zurück zu unserer Unterkunft laufen.
Und bis jetzt hab ich nur selten gesehen, dass er den Gruß auch jemand anderem zugerufen hat um die Zeit.
Auf der anderen Seite fällt mir aber auch gerade auf, dass ich keine Ahnung hab was “Guten Abend” in der lokalen Sprache heißt. Vielleicht sollten wir beim abendlichen Gruß auf Malayalan (die lokale Sprache) umstellen. Mal gucken was dann passiert.
Ans Grüßen mussten wie uns hier sowieso gewöhnen.
Ein schönes Beispiel dafür ist, wenn wir an der Bushaltestelle, nahe unserem Haus, stehen. Die Straße ist nicht stark befahren und es stehen meist kaum andere Menschen am Straßenrand. Dennoch kann man sagen, dass so ziemlich jedes fünfte Auto, sobald es uns sieht, langsamer fährt und alle Insassen ein lautes “Hello!” rausschreien. Und wir winken immer freudig zurück.
Ganz zu schweigen von den Reisebussen die vorbeikommen. Bei denen man manchmal das Gefühl hat, dass alle 50 Insassen gleichzeitig “HEY! How are you doing!?” aus den Fenstern rufen. Meist haben wir nicht mal Zeit auf die Frage zu antworten, da sie schon wieder 50 Meter weitergefahren sind.
Und das wirklich Interessante ist, dass es kein Muster gibt. Man wird von aller Art Leuten angesprochen, egal ob jung oder alt, Mann oder Frau.
Und Grüßen muss einfach sein. Egal ob den Ticketkontrolleur im Bus mit dem wir jeden Nachmittag nach Hause fahren, den Ladeninhaber des kleinen Geschäfts in dem wir oft einkaufen oder eben den Nachtwächter den wir jeden Abend sehen.
Neben Grüßen und Fragen beantworten gehören Stromausfälle auch zu den Ereignissen die Teil des (fast) täglichen Lebens sind. Da wir uns grad in der “Zwischenmonsunzeit” befinden bedeutet das, dass es fast jeden Tag zu dem ein oder anderem kurzen (manchmal aber auch längeren) Stromausfall kommt.
Obwohl sich so ein Stromausfall jetzt erstmal schlimm anhört ist er das eigentlich gar nicht. Außer wenn es dunkel ist, fallen die Ausfälle kaum auf, denn alle Geräte mit denen wir und alle anderen Mitarbeiter zu tun haben laufen über Akkus oder können durch externe Batterien betrieben.
Bis auf einige Sachen wir zum Beispiel das Licht oder der Strom in unserem Haus, hat so ein Stromausfall also keine zu großen Auswirkungen.
Es bedeutet meistens nur, dass man die Taschenlampe anmachen muss und das Handy gerade nicht aufladen kann.
Und im Notfall gibt es immer noch Kerzen.
Trotzdem ist es vielleicht interessant zu Wissen, wieso es hier, besonders bei Regen, so viele Stromausfälle gibt.
Aus Eigeninteresse habe ich ein wenig Recherche betrieben.
Reguläre Stromausfälle sind im ganzen Land keine Seltenheit.
Es gibt verschieden Gründe, warum es zu diesen Ausfällen kommt, einer der Hauptursachen ist jedoch vor allem die fehlende Infrastruktur, um der Nachfrage an Strom im ganzen Land gerecht zu werden. Und jedes mal, wenn man etwas unternimmt um die Kapazität zu vergrößern ist die Nachfrage schon wieder so gestiegen, dass die Stromproduktion nicht dauerhaft hinterherkommt. Das Problem sind dabei vor allem die sogenannten “Peak hours”, also die Zeiten am Tag oder im Jahr an denen besonders viel Strom verbraucht wird.
Am einfachsten lässt sich das Ganze mit einer Analogie erklären. Indien benötigt viele (vor allem breite) Straßen, um den immer zunehmenden Verkehr im Land zu stützen. Viele Städte befinden sich dabei in kritischen Situation, besonders wenn es darum geht in den Hauptverkehrszeiten, platz für den alle Autos zu bieten. So entstehen Staus. Diese Staus entstehen meist nur zu diesen Zeiten, den nur die Hauptverkehrszeiten stellen ein Problem dar.
Ähnlich ist es beim Strom. Während den Hauptnutzzeiten wird besonders viel Strom gebraucht, diesem Anspruch ist nur schwer nachzukommen mit der jetzigen Infrastruktur. Und wenn zur gleichen Zeit weniger Strom produziert wird als benötigt, kommt es zu Stromausfällen.
Hinzu kommen, wie zum Beispiel in unserer Region, andere Faktoren, wie Regen. Schwerer Regen und starke Winde können auch dafür sorgen, dass es zu Stromausfällen kommt, da sie Stromleitungen oder Mästen schaden. Der Großteil des Stroms wird hier direkt zu den Häusern über Oberleitungen gebracht, die natürlich in solchen Situationen sehr anfällig sind. Da diese Vorfälle aber lange Stromausfälle zur Folge hätten und kaputte Leitungen und Mäste fatale Folgen für Fußgänger oder Teilnehmer im Straßenverkehr haben können, werden Leitungen oft einfach aus Sicherheitsgründen abgeschaltet. Dies hat zwar kurze Stromausfälle zur Folge, verhindert aber sehr viel schwerwiegenderer Situationen.
So sind sie ziemlich alltäglich und gehören dazu.
Und selbst wenn sie extrem störend wären, passt man sich einfach dem generellen Verhalten an. Kein Anderer regt sich drüber auf, also warum sollten wir es tun?
Quellen:
- https://www.bijlibachao.com/general-tips/why-do-power-cuts-happen.html
- http://www.livemint.com/Industry/tnV2NUSAK8PbFs7pSzoL0I/India-faces-daily-power-outage-of-30000-MW.html
- http://powercuts.in
- https://www.bijlibachao.com/general-tips/why-do-power-cuts-happen.html
- http://www.livemint.com/Industry/tnV2NUSAK8PbFs7pSzoL0I/India-faces-daily-power-outage-of-30000-MW.html
- http://powercuts.in
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AntwortenLöschenDanke, das habt ihr sehr anschaulich und ausgewogen beschreiben, so dass ich noch was gelernt habe. Bravo!
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